Zwei Fliegen mit einem Gesetz: das neue Fondsstandortgesetz

Artikel anhören
Artikel zusammenfassen
LinkedIn
URL kopieren
E-Mail
Drucken

Mit dem neuen Fondsstandortgesetz (FoStoG) setzt der deutsche Gesetzgeber die EU-Richtlinie 2019/1160 zur Änderung der Richtlinien 2009/65/EG und 2011/61/EU um und nimmt Anpassungen an die Transparenz- und die Taxonomie-Verordnung vor. Vor allem die Aufnahme von Krypto-Assets in Spezialfonds und die Anhebung des Steuerfreibetrags in der Mitarbeiterkapitalbeteiligung fallen im Hinblick auf Pensions und Altersvorsorge auf. Guido Birkner schaut genauer hin.

In der Endphase der ablaufenden Legislaturperiode hat das Bundesfinanzministerium bei Gesetzesvorhaben noch einmal Gas gegeben. So ist das Fondsstandortgesetz (FoStoG) inzwischen in Kraft getreten. Es umfasst einen Strauß an Maßnahmen, die – so Finanzstaatssekretär Jörg Kukies Ende 2020 auf einer Veranstaltung der Frankfurt School of Finance – den Spielraum für Fondsgesellschaften in Deutschland erweitern sollen. Auch soll Deutschland als Fondsstandort gegenüber Plätzen wie Luxemburg oder Dublin attraktiver werden.
Das FoStoG setzt in einigen Teilen EU-Recht um. Konkret geht es um europäische Vorgaben aus den Richtlinien für „Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren“ (OGAW) und für „Alternative Investment Fund Manager“ (AIFM). Jetzt eröffnet das überarbeitete „Kapitalanlagegesetzbuch“ (KAGB) vier neue Produktformate:

  • Spezial-AIF in der Rechtsform des geschlossenen Sondervermögens
  • geschlossene Master-Feeder-AIF
  • offene Infrastruktur-Sondervermögen
  • Entwicklungsförderungsfonds

Dadurch steht deutschen Private-Equity-Fonds und Venture-Capital-Fonds zum ersten Mal die Rechtsform des Sondervermögens als Alternative zur bisher üblichen GmbH & Co. KG offen. Der Gesetzgeber verbindet damit das Ziel, den Fonds mehr Flexibilität zu verleihen und das Risiko einer gewerblichen Infektion von Einkünften bzw. einer vollständigen oder partiellen Steuerpflicht zu verringern.

Investitionen in Infrastrukturprojekte für Kleinanleger

Die Einführung von offenen Infrastruktur-Sondervermögen ermöglicht es Kleinanlegern, in Infrastruktur-Projektgesellschaften zu investieren und so an der Wertentwicklung von Infrastrukturprojekten teilzuhaben. Dabei lehnen sich die Regelungen für offene Infrastruktur-Sondervermögen an die Vorschriften für Immobilien-Sondervermögen an. Das KAGB definiert Infrastruktur-Projektgesellschaften als Gesellschaften, deren Geschäftszweck es ist, Einrichtungen, Anlagen oder Bauwerke, die dem Funktionieren des Gemeinwesens dienen, zu sanieren, zu betreiben oder zu bewirtschaften.

Zu den weiteren Änderungen des FoStoG zählen:

  • Die Umsatzsteuerbefreiung wird auf die Verwaltung von Wagniskapitalfonds erweitert
  • Maßnahmen zur Entbürokratisierung für Fondsverwalter
  • Ausbau der digitalen Kommunikation mit der BaFin
  • Regelungen zum Pre-Marketing von Investmentfonds

Gerade die Richtlinienumsetzung im Zusammenhang mit den neuen Regelungen zum Pre-Marketing bereitet Spezialfondsanbietern Kopfzerbrechen und könnte sich als Bremse für das Auflegen neuer Spezialfonds erweisen. Deshalb wünschen sich deren Anbieter von der BaFin im Zusammenhang mit der Anzeigepflicht vor Vertriebsbeginn, die neuen Vorgaben beim Pre-Marketing flexibel zu handhaben. Die EU-Mitgliedsstaaten sollten das Pre-Marketing bis Anfang August 2021 umsetzen. Es soll die Vertriebsregelungen innerhalb der EU harmonisieren. Dabei geht es um die Bereitstellung von Informationen oder die Mitteilung über Anlagestrategien oder Anlagekonzepte, um feststellen zu können, inwieweit die Anleger Interesse an einem AIF haben. Die EU-Vorgabe reguliert also die Aktivitäten, die im Zeitraum vor dem eigentlichen Vertriebsbeginn stattfinden, neu.

Keine Neuregelung ohne ESG-Kriterien: So schreibt die Offenlegungs-Verordnung im aktualisierten KAGB ESG-Informationspflichten vor. Entsprechend sind Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVG) verpflichtet, umfassend über den Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken zu informieren. Dabei geht es etwa um die Frage, wie ESG-Kriterien in Investitionsentscheidungen zu integrieren sind und ob ein Fonds und der Fondsverwalter grundsätzlich ESG-Ziele verfolgen. Die KVG muss diese Informationen für sich selbst sowie für die Fonds, die sie verwaltet bzw. auflegt, veröffentlichen. Auch die Veröffentlichungen im Jahresbericht, im Verkaufsprospekt und auf der Homepage des Unternehmens sind an Vorschriften gebunden.

Fortschritte bei Krypto-Assets und Mitarbeiterkapitalbeteiligung

Im Hinblick auf das Pensions-Management und die Altersvorsorge ragen zwei Punkte des FoStoG heraus. Der erste bezieht sich auf die Möglichkeit für institutionelle Anleger wie Pensionswerke, Krypto-Assets über offene inländische Spezialfonds mit festen Anlagebedingungen zu erwerben. Der zweite Punkt bezeichnet die Anhebung des steuerfreien Höchstbetrags von 360 Euro auf 1.440 Euro im Einkommensteuergesetz beim Erwerb von Anteilen im Rahmen einer Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Im ursprünglichen Gesetzentwurf hatte das Bundesfinanzministerium nur eine Anhebung auf 720 Euro vorgesehen. Die steuerliche Regelung soll insbesondere die Mitarbeiterkapitalbeteiligung bei Start-ups fördern. Damit will der Gesetzgeber der seit Jahren erhobenen Forderung nachkommen, die Mitarbeiterkapitalbeteiligung gerade für kleine Unternehmen und deren Beschäftigte attraktiver zu machen. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob die neuen Möglichkeiten in der Start-up-Praxis zur Anwendung kommen werden.

Laut dem neuen Gesetz dürfen AIF-Kapitalverwaltungsgesellschaften für offene inländische Spezial-AIFs mit festen Anlagebedingungen „Kryptowerte nur jeweils bis zu 20 Prozent des Wertes des offenen inländischen Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen anlegen“. Zugelassen sind „Kryptowerte im Sinne von § 1 Absatz 11 Satz 4 des Kreditwesengesetzes, wenn deren Verkehrswert ermittelt werden kann und es sich nicht um Wertpapiere im Sinne des § 193 des Kapitalanlagegesetzbuchs handelt“.

Aus Sicht des Gesetzgebers ist die Aufnahme von Krypto-Assets in Spezialfonds ein wichtiger Schritt, um deren Akzeptanz als Anlageklasse zu erhöhen. Die Maßnahme soll Deutschland als Standort für Finanzinvestitionen stärken. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Bloomberg summiert sich das Gesamtvermögen, das inländische Spezialfonds verwalten, auf knapp 1,9 Billionen Euro. Die 20 Prozent des Anlagekapitals, die gemäß dem FoStoG für Investments in Kryptowerte genutzt werden dürfen, hätten demnach einen Marktwert von etwa 360 Milliarden Euro. Laut einem Bericht des „Private Banking-Magazins“ vom 3. August 2021 entspricht dieser Betrag mehr als einem Viertel des aktuellen Marktvolumens aller Digitalwährungen, die sich aktuell umgerechnet auf rund 1,4 Billionen Euro summieren.

Tatsächlich ist es fraglich, ob große deutsche Investoren angesichts der hohen Volatilität von Kryptowährungen wie Bitcoin kurzfristig höhere Anteile dieser Assets erwerben, zumal sie überwiegend sehr konservative Anlagestrategien verfolgen. Institutionelle Investoren, die mit Kryptowährungen experimentieren wollen, werden solche Anlagen vermutlich auf sehr niedrigen Niveaus belassen.

Steuerfreibetrag bei Mitarbeiterkapitalbeteiligung: eine Verbesserung, aber kein Vorstoß auf die europäische Ebene

Mitarbeiterkapitalbeteiligungen, vor allem Belegschaftsaktien, sind ein geeignetes Incentive, um Beschäftigte am wirtschaftlichen Erfolg eines Unternehmens zu beteiligen. Sie bieten sich für Unternehmen jeglicher Größen und Branchen an. Entsprechende Beteiligungsprogramme sind vor allem bei DAX-Konzernen wie Siemens und SAP seit langem fest etabliert. Deren Beschäftigte nutzen Mitarbeiteraktien für den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge.

Traditionell setzen auch Start-ups solche Beteiligungen ein, um die Gründer und die Beschäftigten der ersten Stunde zu belohnen und um sie in der Firma zu halten. Allerdings sind direkte Beteiligungen an einer GmbH deutlich aufwendiger zu administrieren als in einer Aktiengesellschaft und kommen deshalb in der Praxis deutlich seltener vor. Anders sieht es bei Mitarbeiteraktien aus. Hier belief sich die Zahl der Belegschaftsaktionäre laut dem Deutschen Aktieninstitut im Jahr 2020 auf 1,6 Millionen. Damit ist etwa jeder dritte Aktionär in Deutschland Inhaber von Belegschaftsaktien.

Doch während europäische Länder wie Spanien, Großbritannien und Österreich den Erwerb von Anteilen des eigenen Unternehmens für die Beschäftigten durch hohe Steuerfreibeträge attraktiv gestalten, hinkt Deutschland seit Jahren mit einem jährlichen Freibetrag von 360 Euro weit hinterher. Mit dem Inkrafttreten des FoStoG hat der Gesetzgeber jetzt den Freibetrag auf 1.440 Euro vervierfacht. Das ist im internationalen Vergleich weiterhin ein unterdurchschnittlicher Wert. Zum Vergleich: Der Steuerfreibetrag beträgt im Nachbarland Österreich 4.500 Euro.

In Deutschland bedeutet das Überlassen von Gratisanteilen oder von verbilligten Anteilen am Unternehmen für die steuerliche Behandlung, dass Arbeitnehmer dieses Incentive als geldwerten Vorteil aus dem Arbeitslohn versteuern muss. Hinzu kam bislang schon zum Zeitpunkt der Übertragung die Entrichtung von Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträgen. Das bedeutet konkret, dass die Steuer auf Gratisanteile oder vergünstigte Anteile zu einem Zeitpunkt stattfindet, an dem noch kein Geld aus einem angestrebten Exit wie einem Börsengang oder dem Verkauf des Startups geflossen ist. Während der höhere Steuerfreibetrag auf regelmäßige Zuflüsse abzielt, streben viele Start-ups einen einmaligen Kapitalzufluss durch einen Exit an.

Um das sogenannte Dry-Income-Problem bei der Besteuerung von Unternehmensanteilen zu lösen, beinhaltet das FoStoG eine zweite relevante Änderung der Besteuerung. Ab sofort gilt für die Beschäftigten in Unternehmensgründungen nicht mehr zwingend die unmittelbare Besteuerung zum Zeitpunkt des Erhalts der Beteiligung, sondern die Beschäftigten haben nun die Wahl, die Besteuerung des geldwerten Vorteils erst nach zwölf Jahren greifen zu lassen. Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer nicht vor dem Ablauf der Frist von zwölf Jahren den Arbeitgeber wechselt oder seine Anteile veräußert. Im Fall eines vorzeitigen Arbeitgeberwechsels oder einer vorzeitigen Veräußerung der Anteile wäre der entsprechende Zeitpunkt für die Besteuerung maßgeblich. Dann wären Steuern direkt fällig, obwohl der Beschäftigte noch gar kein Geld aus einem Exit gesehen hat.

Vom Ausweg aus der Dry-Income-Sackgasse, den das FoStoG jetzt eröffnet, können generell nur solche Beschäftigte profitieren, deren Unternehmen bestimmte Größen nicht überschreitet. Dazu zählen eine Mitarbeiterzahl von rund 250 Personen und bestimmte Umsatzgrenzen. Zudem darf das Unternehmen nicht älter als zwölf Jahre sein.

Resümee: gut gemeint, aber viele offene Fragen

Zusammenfassend fällt das Resümee zum FoStoG gemischt aus. Den Fondsgesellschaften kommen die Vereinfachungen, der Abbau von Bürokratie und die größere Flexibilität entgegen. Dem stehen neue Schwierigkeiten wie der strikter reglementierte Vertrieb von Spezial-AIF gegenüber. Die Befürworter von Mitarbeiterbeteiligungen werden den höheren Steuerfreibetrag begrüßen, aber auch als nicht ausreichend bewerten. Die aufgeschobene Besteuerung bei Start-ups in Verbindung mit einer Haltepflicht von zwölf Jahren für die Anteile scheint fern der Unternehmensrealität zu sein. Deshalb stellt sich die Frage, ob diese Regelung in der Praxis tatsächlich zum Einsatz kommen wird. Wenig konkret bleiben die Ausführungen im Gesetz zu den Anlagen in Kryptowerten.

Somit kann das FoStoG für das Pensions-Management und die Altersvorsorge allenfalls eine langfristige Perspektive aufzeigen, für deren Realisierung die nun in Gesetzesform gegossenen Maßnahmen nur zum Teil ausreichen dürften. Dennoch sind die Investitionsmöglichkeiten in Krypto-Assets wie auch die steuerliche Begünstigung von Kapitalmitarbeiterbeteiligungen Schritte in die richtige Richtung. Wichtig ist, dass die nächste Bundesregierung offene Baustellen in der Investment-Regulatorik schneller voranbringt als bislang.

Dr. Guido Birkner ist Chefredakteur von dpn – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten. Seit dem Jahr 2000 ist er für die F.A.Z.-Gruppe tätig. Zunächst schrieb er für das Magazin „FINANCE“, wechselte dann als Studienautor 2002 innerhalb des F.A.Z.-Instituts zu den Branchen- und Managementdiensten, später zu Studien und Marktforschung. Von 2014 bis 2020 verantwortete er redaktionell den Bereich Human Resources in der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH. Seit Juli 2019 gehört er der dpn-Redaktion an.

LinkedIn
URL kopieren
E-Mail
Drucken