Im vergangenen Jahr haben die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine und die Störungen der weltweiten Lieferketten die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland deutlich beeinflusst. Dass sich diese Auswirkungen im Insolvenzgeschehen in Deutschland (noch) nicht widerspiegeln, zeigte sich auch beim Pensions-Sicherungs-Verein (PSVaG). Nachdem im Jahr 2021 unter den Mitgliedern des PSVaG schon ein Rückgang der Insolvenzen auf 298 zu verzeichnen war, sank im Folgejahr die Anzahl der Sicherungsfälle um weitere acht Prozent auf 275. Die Insolvenzquote der Mitgliedsunternehmen war mit 2,7 Promille die geringste seit Gründung des PSVaG. Gegenüber dem Jahr 2021 blieben das beitragsrelevante Schadenvolumen und die Anzahl der Leistungsberechtigten nahezu unverändert auf niedrigem Niveau. Der Beitragssatz des PSVaG für das Jahr 2022 konnte auf 1,8 Promille und damit auf einen Wert deutlich unter dem langjährigen Mittel von 2,7 Promille festgesetzt werden. Das sind die Ergebnisse der PSVaG-Mitgliederversammlung vom Montag unter der Leitung des Aufsichtsratsvorsitzenden Ingo Kramer. Der Vorstand richtete den Blick auf die Themen Rentnergesellschaft und die Insolvenzsicherungspflicht von Pensionskassenzusagen.
Neben der Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat standen der Bericht über das Geschäftsjahr 2022 und die Bestellung des Abschlussprüfers für das Geschäftsjahr 2023 auf der Tagesordnung. Mit Ablauf der Mitgliederversammlung sind zudem die Mitglieder des Aufsichtsrats Janina Kugel und Richard Nicka ausgeschieden. Gewählte Nachrücker sind Susanna Adelhardt, Total Rewards – Head of Benefits, HR Business Management, Evonik Industries AG sowie Claus-Christian Gleimann, Senior Vice President Group HR/Executive HR, E.ON SE.
Im ersten Halbjahr 2023 hat sich das Schadenvolumen im Vergleich zum Vorjahr deutlich erhöht. Trotz dieses Anstiegs liegt bislang kein schadenreiches, sondern, gemessen an den letzten Jahrzehnten, ein Jahr mit einem durchschnittlichen Schadenvolumen vor. Für die Kapitalanlagen bleibt das Marktumfeld weiter herausfordernd. Für die wirtschaftliche Entwicklung im zweiten Halbjahr können insbesondere aufgrund der Folgen des Kriegs in der Ukraine, der immer noch hohen, wenn auch rückläufigen Inflation und den Anzeichen einer Rezession keine verlässlichen Prognosen abgegeben werden. Nach aktuellem Kenntnisstand wird der im November festzusetzende Beitragssatz für 2023 voraussichtlich im Bereich des Mittelwertes der letzten zehn Jahre (2,0 Promille) liegen.
Seit 2021 sind Zusagen über bestimmte Pensionskassen insolvenzsicherungspflichtig. Von den über 100.000 Mitgliedsunternehmen des PSVaG meldeten im Jahr 2022 über 12.000 Arbeitgeber Pensionskassenzusagen mit einer Beitragsbemessungsgrundlage von insgesamt 9,1 Milliarden Euro für 1,7 Millionen Anwärter und 600.000 Rentner. Es gibt Anzeichen, dass noch nicht alle Trägerunternehmen von Pensionskassen ihrer Meldepflicht beim PSVaG nachgekommen sind. Aktuell steht der PSVaG im Austausch mit den Pensionskassen, um diese Trägerunternehmen zu ermitteln und rückwirkend in die Melde- und Beitragspflicht einzubeziehen.
Der PSVaG hat in den vergangenen Mitgliederversammlungen immer wieder auf Fälle hingewiesen, bei denen angesichts einer unternehmerischen Schieflage versucht wurde, sich der bAV auf Kosten der Mitglieder des PSVaG zu entledigen und entgegen der gesetzlichen Systematik (Besserungsklausel) auch bei einer nachhaltigen Besserung der Verhältnisse die bAV nicht wieder zu übernehmen. Im Jahr 2022 konnte ein solches Vorgehen kaum mehr beobachtet werden. In 21 Fällen wurden Lösungen zur vollständigen Rücknahme der bAV gefunden. Trotz dieser Entwicklung bleibt der Gesetzgeber aufgefordert, die bisher unzureichende insolvenzrechtliche Verankerung und Justiziabilität der Besserungsklausel weiter zu verfolgen und das Erfordernis klarer im Gesetz zu verankern. Deshalb hat der PSVaG nun einen Gesetzesvorschlag eingebracht, um prozessualen Rechtsschutz für den Fall zu ermöglichen, dass ein Insolvenzplan keine Besserungsklausel vorsieht.
Unternehmen verfolgen mit der Auslagerung von Pensionsverpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft und dem anschließenden Verkauf der Rentnergesellschaft an einen kommerziellen Anbieter grundsätzlich ein legitimes Ziel. In letzter Zeit gewinnt dieser Themenkomplex immer mehr an Aufmerksamkeit. Der PSVaG ist nicht unmittelbar von solchen Unternehmenstransaktionen betroffen. Allerdings verändern sich die Risiken, die der PSVaG absichert, durch die Bildung und Übernahme von Rentnergesellschaften. Problematisch ist eine unsymmetrische Risiko-Chancen-Verteilung zwischen dem Übernehmer und dem PSVaG. Dies gilt insbesondere in solchen Fällen, in denen die Erzielung von Überrenditen im Fokus des Anbieters steht. Der PSVaG trägt letztlich die wesentlichen Risiken der Kapitalanlage, während die Kapitalanlagegesellschaft (der Anbieter) von den Chancen profitiert. Daher setzt sich der PSVaG für eine Etablierung wirtschaftlich nachhaltiger Standards bei diesen Unternehmenstransaktionen ein. Sollte sich herausstellen, dass der PSVaG einseitig mit Risiken belastet wird, ist eine stärkere Regulierung solcher Unternehmenstransaktionen durch den Gesetzgeber erforderlich.
Mitte August startet indes das neue PSVaG-Mitgliederportal auf der Homepage des PSVaG. Das Portal dient den Mitgliedern als sicherer Kommunikationsweg und stellt im ersten Schritt die bekannten Online-Formulare, Merkblätter sowie einen Newsticker zur Verfügung. In weiteren Ausbaustufen werden Funktionen in den Bereichen Auskunft und Self-Service folgen.
Goran Culjak ist Redakteur bei dpn – Deutsche Pensions- & Investmentnachrichten. Davor arbeitete er bei PLATOW als Fachredakteur für Versicherung und Altersvorsorge und etablierte die Risikomanagementkonferenz. Der Diplom-Betriebswirt (FH) startete 2004 als Pressereferent bei Union Investment seine berufliche Laufbahn.