Frau Petry, wie sieht das bAV-Angebot aus, das die BASF den Beschäftigten in Deutsch land macht?
Beate Petry: In der chemischen Industrie hat die bAV eine ganz lange Tradition. Die BASF hat ihre Pensionskasse 1888 gegründet. Wir sind damit also seit knapp 140 Jahren aktiv. Unsere hohe Wertschätzung gegenüber der bAV und gegenüber unserer Belegschaft spiegelt schon die Tatsache wider, dass in der BASF SE Mitarbeiter qua Arbeitsvertrag auch Mitglieder in der Pensionskasse sind und dementsprechend darüber für das Alter abgesichert sind. Dabei zahlen der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer Beiträge in die Pensionskasse ein. Daraus ergibt sich unser Basispaket, zudem haben wir unterschiedliche Tarife, die sich über die Zeit verändert haben.
In unserem aktuellen Tarif haben wir aufgrund der aufsichtsrechtlichen Vorgaben einen 0-Prozent-Garantiezins in einer versicherungsförmigen Form. Wir konnten in den letzten Jahren in den Überschusstarifen einen Überschuss vergleichbar einer 3-prozentigen Gesamtverzinsung realisieren, so dass wir im Markt wirklich gut dastehen. Durch unsere Pensionskasse sind wir in der Lage, die erzielten Überschüsse den Anwärtern und den Rentnern zugutekommen zu lassen. Hinzu kommen weitere Elemente der betrieblichen Altersversorgung, die wir Einkommensbeziehern oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze anbieten, welche allein durch den Arbeitgeber finanziert werden.
Es existiert seit 1999 ein weiterer Baustein im Tarifbereich über die Tarifverträge der chemischen Industrie. Über diesen Tarifvertrag werden den Mitarbeitenden pro Jahr 613,55 Euro für die betriebliche Altersversorgung zur Verfügung gestellt.
- BEATE PETRY
- Seit Juni 2022 Head of Global Pensions & Benefits, BASF SE
- 2017–2022 Head of HR Performance Materials LU, BASF SE
- 2001–2017 Diverse Fach- und Führungsfunk tionen im HR-Bereich, BASF SE
- 1999–2001 Master of Business Administrati on, University of North Carolina, Greensboro
- 1996–2001 Studium Internationale Betriebs wirtschaft im Praxisverbund, Fachhochschule Ludwigshafen
Wie entwickeln Sie das bAV-Angebot weiter?
Beate Petry: Natürlich überprüfen wir unser Angebot regelmäßig, das ist Bestandteil unserer täglichen Arbeit. Wir haben vor rund drei Jahren mit einer wertpapiergebundenen Pensionszusage ein neues Instrument geschaffen, das den Beschäftigten eine ergänzende betriebliche Altersversorgung bietet bei einem akzeptablen Risiko für das Unternehmen. Dafür haben wir eine kostengünstige Anlage am Kapitalmarkt bei gleichzeitiger Garantie der Beiträge. Wir haben auch in der Pensionskasse unsere Tarife weiterentwickelt. Bis zum Jahr 2021 hatten wir einen Tarif, dem ein 2,5-prozentiger Garantiezins zugrunde lag. Den Zins mussten wir aufgrund der Niedrigzinsphase nach Aufforderung durch die BaFin anpassen und haben ihn auf 0 Prozent gesenkt. Wir haben dann aber versucht, das gesamte Paket durch eine chancen- und risikoreichere Kapitalanlage und verschiedene Auszahlungsoptionen wieder attraktiv für die Mitarbeitenden zu gestalten. Unsere Mitarbeitenden sollen sehen, dass sie sich trotz knapperer Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung über die Pensionskasse und ihre Zusatzinstrumente gut für das Alter rüsten können. Neben diesem Basisan gebot ist auch die Kommunikation über die bAV wichtig. Auch hier beginnen wir frühzeitig mit dem Prozess und überlegen, wie wir junge Menschen dazu bringen, sich mit ihrer Altersvorsorge zu beschäftigen. Für viele ist dieses Thema noch weit weg. Wie können wir denen vermitteln, dass es zu spät ist, sich erst ab Alter 55 Gedanken darüber zu machen? Es geht also nicht nur um die Frage, wie ich für das Alter vorsorgen kann, sondern wir wollen zeigen, dass Altersvorsorge eine langfristige Sache ist und dass im Alter umso mehr herauskommt, je früher man mit der Vorsorge anfängt.
„Ich plädiere da für, die Prioritäten in Bonn richtig zu setzen, und appelliere an den Pragmatismus aller Seiten, damit wir die erleichterten Bedeckungsvorschriften auch wirklich leben können, wenn sie kommen.“
Wir haben deshalb zusammen mit Azubis einen fünfminütigen Erklärfilm gedreht. In diesem Video kommunizieren wir auch sprachlich auf Augenhöhe mit den Azubis. Wir reden dort beispielsweise nicht von Rente, sondern von Extra-Money im Alter. Wir erklären zusammen mit jungen Kollegen, wie die gesetzliche Rente und die betriebliche Altersversorgung funktionieren. Und was ein junger Mensch tun muss, um von Anfang an eine Förderung in der betrieblichen Altersversorgung der BASF zu bekommen. Wir geben Antworten auf mehrere Fragen: Was hast du von der Vorsorge und was ist dein Risiko dabei? Dieses Video kommt in der Zielgruppe gut an. Es ist besser, die Menschen dort abzuholen, wo sie stehen. Wir zielen auch künftig darauf ab, den Mitarbeitenden Vorsorgeimpulse über kurze Filmsequenzen zu geben. Deshalb überlegen wir, wie wir das komplexe Thema Altersversorgung einfach darstellen können. Dabei müssen wir für uns als Arbeitgeber die Frage klären, wie wir eine rechtliche Haftung dann vermei den, wenn wir Sachverhalte vereinfacht darstellen.
Auch bei der BASF setzen sich demografische Entwicklungen und die Digitalisierung durch. Was bedeutet es für Ihre Pensionskasse, wenn die Zahl der Einzahler perspektivisch sinkt und die der Leistungsempfänger steigt?
Beate Petry: Diese beiden Megatrends sehen wir seit langem auf uns zurollen, und wir bereiten uns auch seit langem darauf vor. In der Pensionskasse sind wir im Hinblick auf die Demografie solide aufgestellt, und zusätzlich sehen wir hier auch den Einfluss der Digitalisierung auf Prozesse. Wir haben schon früh begonnen, Prozesse möglichst effizient aufzusetzen, sie zu automatisieren und zu digitalisieren. Unseren Mitarbeiten den stellen wir seit langem einen Selfservice für ihre bAV-Anwartschaften und für Projektionen der Rentenhöhe mit Stichtagsbezug zur Verfügung. Solch ein Instrument wollen wir künftig auch unseren Rentnern und Anwärtern anbieten, die nicht mehr im Unternehmen sind. Das heißt: die Kommunikation auch mit diesen beiden Gruppen von Papier auf ein digitales Portal umstellen. Dieser Schritt ist überfällig.
Ein anderes Thema, das vor allem Pensionskassen beschäftigt, ist die neue Regulatorik.
Beate Petry: Die permanent wachsende Regulatorik macht uns zu schaffen, weil E-bAVs oftmals undifferenziert in die Finanzmarktregulierung einbezogen werden, ohne dass der Regulator auf unsere Besonderheiten achtgibt. In der Folge werden unsere Schreibtische immer voller, und das geht zu Lasten der Renten. Auch deshalb engagieren wir uns als BASF so stark in der aba, deren Gründungsmitglied wir sind. Betriebliche Altersversorgung kann nur gemeinsam funktionieren, und gemeinsam müssen wir die Besonderheiten dieses Themas herausstellen, damit es in der Praxis funktioniert.
Zur Regulatorik kann in absehbarer Zeit das Betriebsrentenstärkungsgesetz II mit seinen erleichterten Bedeckungsvorschriften für Pensionskassen hinzukommen.
Beate Petry: Wir hoffen sehr, dass diese Erleichterungen so kommen, wie sie geplant sind. Die bisher geltenden strengen Bedeckungsvorschriften machen keinen Sinn, weil wir bei Pensionskassen de facto kein Stornorisiko haben. Wenn das neue Gesetz kommt, hoffe ich, dass wir mit der BaFin einen pragmatischen Weg finden werden, die Prüfungsprozesse effizient durchzuführen. Leider gibt es im Umfeld der Pensionsfonds auch Beispiele, dass solche Prüfprozesse noch sehr lange dauern. Deswegen plädiere ich dafür, die Prioritäten in Bonn richtig zu setzen, und appelliere an den Pragmatismus aller Seiten, damit wir die erleichterten Bedeckungsvorschriften auch wirklich leben können, wenn sie kommen. Das heißt nicht, dass wir die Befugnisse der BaFin und ihre Schutzfunktion in Frage stellen.
Schauen wir uns die Struktur der BASF Pensionskasse an. Was machen Sie selbst? Welche Leistungen kaufen Sie extern ein?
Beate Petry: Wir sind in der Leitung der betrieblichen Altersversorgung durch eigene Experten gut aufgestellt und steuern sämtliche Pensionspläne und Benefits für die globale BASF-Gruppe. Natürlich haben wir einen Fokus auf Deutschland und bieten hier eine End-to-End-Betreuung im Unternehmen. Diese umfasst den gesamten Prozess von der Konzeption der bAV Instrumente über die Einführung und die Kommunikation bis zur Rentenberechnung und Auszahlung. Natürlich sind wir dabei mit vielen Bereichen im Unternehmen eng verflochten, vor allem mit der Finanzabteilung, wo die Kapitalanlageexperten für uns die Kapitalanlage durchführen, mit Steuern und den HR-Verantwortlichen in allen inländischen Gesellschaften. Dort bieten wir die gleichen bAV-Instrumente an und verhandeln auch mit dem Betriebsrat. Insgesamt sind wir sehr kosteneffizient auf gestellt. Die Kapitalanlage ist breit diversifiziert, was uns in den Jahren des Niedrigzinses sehr geholfen hat. Unsere Wege ins interne Risikomanagement sind ebenfalls kurz. Insgesamt kooperieren wir gut mit unseren verschiedenen Experten im Haus. Bei manchen Themen arbeiten wir auch mit externen Dienstleistern zusammen.
Was waren die Erfolgsfaktoren dafür, dass die Pensionskasse gut durch die Niedrigzinsphase gekommen ist?
Beate Petry: Schlüssel für uns waren der Aufbau langfristiger Anlagen mit stabilen Ertragsprofilen wie zum Beispiel Infrastrukturanlagen sowie eine hohe Diversifikation und Streuung der Anlagen. Damit konnten wir auch die temporären Verluste aus dem Zinsanstieg begrenzen und die langfristige Kapitalanlagestrategie auf Kurs halten. Nach vorne bedeutet der Zinsanstieg, dass die Rechnungszinsen wieder mit dem laufenden Kupon von festverzinslichen Wertpapieren guter Bonität, zum Beispiel Investment Grade Corporate Bonds, verdient werden können. Bei höheren Zinsen kann man die strategische Allokation festverzinslicher Anlagen dann auch wieder etwas erhöhen.
Wie sah Ihr beruflicher Werdegang bislang aus?
Beate Petry: Ich bin seit 28 Jahren in der BASF, bin ein BASF-Eigengewächs. Zunächst habe ich hier ein duales Studium in Betriebswirtschaft absolviert und dann einen MBA in den USA gemacht. Seitdem bin ich im HR-Bereich der BASF in unterschiedlichen Funktionen tätig. Bei meinen letzten Stationen habe ich zum Beispiel das Recruiting und Marketing für die Ausbildung geleitet. Ich habe also junge Menschen für die BASF interessiert und sie eingestellt, den Nachwuchskanal der BASF sichergestellt. Danach war ich als Head of HR für einen Unternehmensbereich mit rund 1.000 Mitarbeitern hier in Ludwigs hafen verantwortlich, für alle HR-Prozesse und die Beratung der Führungskräfte zu Themen wie Zeit und Geld, betrieblicher Altersversorgung, Personalplanung und -entwicklung. In der BASF kommen Sie am Thema betriebliche Altersversorgung nicht vorbei. Das zeigt den hohen Stellenwert der betrieblichen Altersversorgung in unserer Firma. Dementsprechend war ich mit dem Thema bAV schon immer verflochten.
Im kommenden Jahr übernehmen Sie den Vorstandsvorsitz des Fachverbands aba. Wie sind Sie zu der neuen Aufgabe gekommen und welche Ziele verbinden Sie damit?
Beate Petry: Ich bin seit 2022 im Vorstand der aba tätig, als BASF engagieren wir uns auch in den Fachvereinigungen, Fachausschüssen und Arbeitsgruppen der aba. Ich halte es für sehr wichtig, dass wir die Sicht der Unternehmens-EbAV in diese Gremien hineinbringen. Der engere aba-Vorstand unter der Leitung von Georg Thurnes hat mich aufgrund meines bisherigen Engagements für die bAV und als Mitarbeiterin eines bAV-verbundenen Unternehmens da rauf angesprochen, ob ich im Mai 2025 den Vorsitz der aba übernehmen möchte. Für mich ist es wichtig, dass mein Arbeitgeber zu 100 Prozent hinter meinem Engagement steht, und das tut die BASF. Dementsprechend freue ich mich riesig darauf, den Vorstandsvorsitz der aba zu übernehmen und die Arbeit von Georg Thurnes mit Stolz fortzusetzen. Unser gemeinsames Ziel ist es, die bAV weiter zu verbreiten und in die Zukunft zu führen. Ich werde nichts radikal auf den Kopf stellen, weil wir auf einem sehr guten Weg sind in der Form, wie wir bislang zusammenarbeiten. Künftig geht es noch mehr darum, die bAV stärker zu verbreiten und frühzeitig in den Köpfen der Menschen zu verankern, dass sie vorsorgen müssen. Ein wichtiges Anliegen ist mir, dass die Regulatorik, die ja auch viel von der europäischen Ebene herkommt, nicht undifferenziert erfolgt. Wir als EbAV dürfen nicht undifferenziert in Regulierungen für den Finanzmarkt einbezogen werden. Deshalb müssen wir darauf achten, ob neue Regulierungen für uns als EbAVs wirklich sinnvoll sind, ein vertretbares Kosten-Nutzen-Verhältnis im Blick haben. Je mehr Vorschriften und Berichtspflichten auf unserem Tisch landen, desto schwieriger wird es, diesen Zusatzaufwand gegenüber dem eigenen Trägerunternehmen zu vertreten.
Dr. Guido Birkner ist Chefredakteur von dpn – Deutsche Pensions- und Investmentnachrichten. Seit dem Jahr 2000 ist er für die F.A.Z.-Gruppe tätig. Zunächst schrieb er für das Magazin „FINANCE“, wechselte dann als Studienautor 2002 innerhalb des F.A.Z.-Instituts zu den Branchen- und Managementdiensten, später zu Studien und Marktforschung. Von 2014 bis 2020 verantwortete er redaktionell den Bereich Human Resources in der F.A.Z. BUSINESS MEDIA GmbH. Seit Juli 2019 gehört er der dpn-Redaktion an.